Zum 70. Jahrestag der Machtübertragung an die NSDAP. Ein Dokument über die Unterstützung der Nazi-Partei durch führende Vertreter der IG Farbenindustrie AG in der Zeit der Weimarer Republik.
(Eingesandt von Martin Seckendorf)

Der "Erdrutschsieg" der NSDAP bei den Reichstagswahlen vom September 1930 war eine der wichtigsten Stationen auf dem Weg zum 30. Januar1933. Im Wahlkampf des Jahres 1930 konnte die NSDAP zum ersten Male Finanzmittel in bis dahin nicht gekannter Größenordnung einsetzen Nach dem Bericht des Polizeipräsidenten von Berlin an den Preußischen Innenminister 5. vom Januar 1932 zählte der allgewaltige Chef der IG Farben Carl Duisberg (von 1925 bis 1931 zugleich Vorsitzender der Reichsverbandes der Deutschen Industrie) zu den Finanziers des NSDAP-Erfolges vom September 1930. In der bisherigen Literatur ist die Geschichtswissenschaft davon ausgegangen, daß die führenden Vertreter der IG- Farben erst viel später - etwa seit 1932 - zu den Großunterstützern der NSDAP in der Weimarer Republik zählten. Der Polizeibericht wird im Wortlaut wiedergegeben:

Der Polizeipräsident
I/7.42/01 f.
Berlin, den 5. Januar 1932

Berichterstatter: Regierungsassessor Dr. Oesterle.

Urschriftlich dem Herrn Minister des Innern,

Über die Finanzierung der NSDAP durch einzelne Industriekonzerne hat sich bis heute nichts in Erfahrung bringen lassen. Wiederholt gingen Meldungen durch die verschiedenen Tageszeitungen, wonach die NSDAP. von seiten einzelner Industriekonzerne Geldzuwendungen erhalten haben soll. Diese Mitteilungen haben sich auf ihre Richtigkeit hin nicht einwandfrei nachprüfen lassen. Derartige Geldzuwendungen dürften der Reichsparteileitung auch direkt zugehen, so daß weder die Anhängerschaft noch die Öffentlichkeit etwas davon erfährt. In öffentlichen Versammlungen der NSDAP. wird nach wie vor bestritten, von Industriezweigen Zuwendungen erhalten zu haben. In früheren Zeiten, auch noch vor der letzten Reichstagswahl, soll die NSDAP. aus Kreisen der Rheinisch-Westfälischen-Industrie wie auch vom Großgrundbesitz Gelder erhalten haben. Genannt wurden seinerzeit die Namen des Grafen H e l l d o r f, des Geheimrats D u i s b e r g und Dr. K e i l in Nürnberg. Zur Zeit sympathisieren mit der NSDAP. die Großindustriellen T h y s s e n und V ö g l e r . Vertraulichen Mit- (ab hier Bl. 422) teilungen zufolge hatte H i t l e r gelegentlich seines vorletzten Aufenthaltes in Berlin (vom 9. bis 13. Dezember 1931) am 9. Dezember 1931 in den späten Abendstunden eine mehrstündige Konferenz mit den beiden Letztgenannten im Hotel Kaiserhof. Weiterhin soll als Geldgeber für H i t l e r die Braunkohlenindustrie in Frage kommen. Ob und in welcher Höhe aber von dort Zuwendungen an die NSDAP . gemacht worden sind, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Über irgendwelche Zuwendungen der Deutschen Reichsbahnverwaltung an die NSDAP. ist hier bisher nichts bekannt geworden.
in Vertretung
(unleserlich)

Quelle: Preuß. Geh. Staatsarchiv Berlin, Rep 77, Tit. 4043, Nr. 299, Bl. 421 u. 422(Bestand d. ehem. ZStA Merseburg)

zurück zur Übersicht

Druckversion
(im folgenden Fenster [Datei>Drucken])